Eine Übersetzung des Artikels “El Derecho a la Tierra y la Autonomía en San Gregorio Atlapulco: La Lucha de Hortensia Telesforo” vom 20. August 2024 // Original: https://hijosdelatierra.espora.org/el-derecho-a-la-tierra-y-la-autonomia-en-san-gregorio-atlapulco-la-lucha-de-hortensia-telesforo/
Im Süden von Mexiko-Stadt – im Herzen von Xochimilco – liegt die Gemeinde San Gregorio Atlapulco, in der sich über Jahre eine Gemeindeorganisation entwickelt hat, die man heute aufzulösen versucht. Die Ständige Generalversammlung des Pueblos von San Gregorio Atlapulco kämpft für die Verteidigung des Gemeindeeigentums, für den Erhalt des Territoriums und die Autonomie seiner Bewohner*innen. An diesem Widerstand beteiligt sich Hortensia Teléforo, eine unermüdliche Aktivistin, die nun von politischer Verfolgung bedroht ist, weil sie sich für die Wiederherstellung und den Schutz einer alten Bibliothek einsetzt, die in San Gregorio zu einem Symbol der Autonomie geworden ist.
Die Verteidigung eines gemeinschaftlichen Raums
Die Geschichte von Hortensia und der Gemeinde San Gregorio ist mit der Geschichte eines kommunalen Raums verwoben, der Gegenstand von Streit und Kontroversen war. Ursprünglich war das Gebäude als eine von der Bevölkerung errichtete und verwaltete Bibliothek konzipiert. Sie wurde als Reaktion auf den Mangel gemeinschaftlicher Freiräume entwickelt. Nach dem Erdbeben von 2017 wurde der Raum jedoch geschlossen, als Grund wurden die angeblich irreparablen Schäden durch das Beben genannt. In Wirklichkeit begann ein Prozess der Umgestaltung, der den Ort keineswegs an die Bevölkerung zurückgab, sondern ihn zu einem Objekt der Privatisierung durch die Behörden machte: „Was wir nach 2017 gesehen haben, war eine private Nutzung durch das Büro des Bürgermeisters, für private Zwecke… Das haben Nachbar*innen aufgedeckt, die damit nicht zufrieden waren“, kommentiert Hortensia mit Nachdruck und weist darauf hin, dass der Raum trotz mehrerer Morenista-Verwaltungen [Morena ist die aktuell in San Gregorio wie auch auf Bundesebene regierende Partei] und einer beträchtlichen Investition öffentlicher Mittel nicht formell an die Gemeinde zurückgegeben wurde. Angesichts dieser Situation beschloss die Gemeinde, den Raum auf eigene Faust wieder anzueignen und Workshops, Vorträge, Ausstellungen und andere kulturelle Aktivitäten zu organisieren, deren Schwerpunkt auf dem Gemeinwohl und der Überparteilichkeit liegt.
Die Repressionen und politische Verfolgung
Der Aktivismus von Hortensia und die Reaktivierung dieses Gemeinschaftsraums blieben von den Behörden nicht unbemerkt. Seit dem Beginn dieser Aktivitäten ist die Gemeinschaft ständiger Überwachung und verschleierten Drohungen ausgesetzt. „Wir wurden ständig überwacht, sozusagen bespitzelt, von Leuten aus dem Büro des Bürgermeisters, und auch bedroht“, sagt Hortensia.
Der Höhepunkt dieser Anfeindungen war das Eintreffen einer Vorladung der Staatsanwaltschaft des Südgefängnisses, die zu einer Untersuchung gegen Hortensia führte. „Es geht um das Büro des Bürgermeisters, wir glauben, dass sie die Drahtzieher sind“, sagt sie. Diese Art von Repressalien sind nicht neu für diejenigen, die ihr Territorium in Mexiko verteidigen, in einem Land, in dem die Kriminalisierung von sozialem Protest und die Verfolgung von Aktivist*innen eine gängige Strategie zur Zerschlagung von Gemeinschaftsbewegungen geworden ist.
Die Unsichtbarmachung von Gemeinschaftskämpfen
Hortensia betont, dass der Kampf um diesen Raum in San Gregorio Atlapulco kein Einzelfall ist. Die Gemeinde sieht sich auch in anderen Bereichen mit ähnlichen Herausforderungen konfrontiert, wie z. B. der Verteidigung des Gemeindefriedhofs und dem Schutz des Ejidos [eine Form gemeinschaftlichen Grundbesitzes in Mexiko], welches durch die Ablagerung von Schutt und den Druck privater Interessen in Mitleidenschaft gezogen wurde. „Was gemeinschaftliches Land ist, sollte auch so bleiben, aus Respekt für alle“, betont Hortensia.
Die Situation in San Gregorio Atlapulco spiegelt einen breiteren Trend in Mexiko-Stadt wider: Die Behörden greifen nach Räumen, die historisch gesehen den Gemeinden gehören, und wandeln sie in Projektzentren für ihre eigenen Interessen um. Die Spaltungsstrategie der Regierung verschärft diese Situation: „Die Politik der Säulen wird eine Anziehungskraft ausüben, so dass man in den Gemeinden nicht mehr erkennt, was wirklich wichtig ist“, betont Hortensia. Mit der „Politik der Säulen“ bezieht sie sich auf Regierungsprogramme, die Gemeinschaftsprojekte durch zentralisierte Initiativen ersetzt haben und so darauf abzielen, die Gemeinschaftsorganisation zu kontrollieren, zu korporatisieren und zu neutralisieren.
Die Zukunft des Kampfes in San Gregorio
Trotz aller Widrigkeiten bleibt ein Teil der Gemeinschaft von San Gregorio Atlapulco, der mit Persönlichkeiten wie Hortensia übereinstimmt, standhaft in der Verteidigung des gemeinschaftlichen Eigentums und der Autonomie. Hortensias Aufforderung an die Gemeinschaft ist klar: „Erstens, sie einzuladen, den Raum kennenzulernen… ihn zu genießen“. Für Hortensia und ihre Mitstreiter*innen ist es von grundlegender Bedeutung, dass dieser Raum, der jetzt Casa del Pueblo de Atlapulco, Tlamachtilollan heißt, weiterhin ein Ort der Begegnung und des Vergnügens für die Gemeinschaft ist, frei von parteilichen und privaten Interessen.
Die rechtliche Situation, mit der Hortensia konfrontiert ist, hat einen entscheidenden Termin: am 5. September um 11.30 Uhr wird sie sich mit der Staatsanwaltschaft treffen müssen, um den Grund für die Vorladung zu erfahren. Die Ungewissheit ist groß, aber Hortensia verliert weder die Hoffnung noch die Überzeugung, dass ihr Kampf gerecht ist. Sie bittet ihre Unterstützer*innen, sich ihr an diesem Tag anzuschließen, ihre Situation zu verbreiten und, wenn möglich, ein Video zu drehen, vielleicht mit dem Text: „Ich bin Hortensia, ich bin immer noch im Widerstand, und wir fordern, dass die Behörden der Regierung von Mexiko-Stadt und das Büro des Bürgermeisters die Strafanzeige gegen Hortensia Telesforo Jiménez zurückziehen“ – Diese Kampagne ist ein Akt der Solidarität und Unterstützung.
Die Autonomie ist der Weg
Der Fall von Hortensia Telesforo und der Gemeinde San Gregorio Atlapulco erinnert an die Bedeutung des gemeinschaftlichen Widerstands angesichts von Übergriffen und Unterdrückung. In einem Kontext, in dem der Kampf um Land und Gemeinschaftseigentum zunehmend unsichtbar gemacht und kriminalisiert wird, ertönt die Stimme von Hortensia und den Gemeindemitgliedern als Aufruf zum Handeln, zur Verteidigung des Gemeinsamen und zum Aufbau einer Zukunft, die auf Autonomie und gegenseitigem Respekt beruht.
Zum Abschluss des Interviews überlässt uns Hortensia ein Lied, das ihr viel bedeutet: „Solo le pido a Dios“, eine Melodie, in der die Hoffnung und die Kraft, die ihren Kampf kennzeichnen, mitschwingen. Und mit dieser Kraft und Entschlossenheit geht die kämpfende Gemeinschaft von San Gregorio Atlapulco voran und verteidigt das, was ihr gehört, um nicht nur ihr Territorium zu bewahren, sondern auch ihre Identität und ihr Recht, über ihr eigenes Schicksal zu bestimmen.