Protestcamp „Tierra y Libertad“ in der Gemeinde Mogoñe Viejo, Oaxaca während des Besuches der Karawane „El Sur Resiste“ am 26. April 2023.
Redebeitrag zum 1. Mai.
Zurzeit findet in Mexiko die Karawane „El Sur Resiste“ – Der Süden leistet Widerstand – statt. Indigene Organisationen des ganzen Landes und Aktivist*innen aus über 10 Ländern reisen durch den Süden des Landes, um sich zu vernetzen und den Widerstand gegen neoliberale Megaprojekte der angeblich linken Regierung zu stärken. Diese Megaprojekte – namentlich der interozeanische Korridor und der sog. Maya-Zug, Tren Maya – sollen dem Süden des Landes endlich „Entwicklung“ bringen, so die offizielle Darstellung.
Doch was ist das für eine Entwicklung und warum finden wir es wichtig, am 1. Mai darüber zu sprechen?
Zum einen, weil diese neoliberale Entwicklung Klassenkampf von oben und gegen Indigene ist: Die betroffenen indigenen Gemeinschaften leben großteils in Subsistenzwirtschaft. Sie produzieren also nichts für den kapitalistischen Markt und sie konsumieren kaum Waren vom kapitalistischen Markt. Damit sind sie der Regierung ein Dorn im Auge, denn sie blockieren das Land, auf dem sie leben, für die Ausbeutung durch Konzerne. Wo indigene Gemeinschaften leben, können der Wald nicht gerodet, die Ressourcen nicht aus dem Boden geholt werden. Sie verteidigen ihr Land gegen die „Megaprojekte des Todes“, wie sie sie nennen. Der Tren Maya bspw. besteht aus einer Zugstrecke und Autobahnen, aus Industrieparks und Massentourismus. Er bedroht den Regenwald ebenso wie die bäuerlich-indigene Lebensweise der Maya, ihre Subsistenzwirtschaft, ihre Kultur und die Ökosysteme, mit denen sie seit Jahrhunderten im Einklang leben.
Wenn hier also Entwicklung versprochen wird, dann bedeutet das im Klartext, dass die Indigenen ihre traditionelle Lebensweise aufgeben und stattdessen prekäre Jobs in den Städten annehmen sollen. Hotelangestellte, Straßenverkäuferinnen oder gleich Handlanger der Drogenkartelle. Ihr Land kann dann endlich ausgebeutet werden: Großkonzerne teilen sich den Kuchen auf, entziehen alle Ressourcen wie Holz oder Minerale und verwandeln die Landschaft in eine Wüste von Monokulturen, die eben profitabler sind als die kleinbäuerlichen, biologisch sehr diversen Felder und Wälder.
Bei dieser neokolonialen Umstrukturierung sind natürlich auch deutsche Konzerne mit am Start, wie etwa Siemens oder die Deutsche Bahn, die beim Tren Maya als sog. „Schattenbetreiber“ involviert ist. Das gibt uns die Verantwortung, aber auch die reale Möglichkeit, den Widerstand gegen diesen Klassenkampf von oben zu unterstützen!
Das führt mich zum zweiten Grund, warum wir heute hier von diesem Thema berichten. Die Karawane findet gerade jetzt statt, und sie braucht internationale Aufmerksamkeit, um sich vor den Repressionsorganen zu schützen und um Druck auf die beteiligten Konzerne auszuüben. Erst vor ein paar Tagen wurde ein Protestcamp, das die Karawane am Vortag besucht hatte, von Polizei, Nationalgarde und Marine gemeinsam überfallen, verwüstet und mehrere Menschen festgenommen. Vor allem dank der beeindruckenden Organisation der lokalen indigenen Gemeinschaften, aber auch dank der internationalen Solidarität konnte das Camp zurückgewonnen werden, die 6 Genoss*innen sitzen aber noch in Haft. Hier muss also noch weiter Druck gemacht werden!*
Lasst uns gemeinsam den Kampf der indigenen Compas (also Genoss*innen) gegen neoliberale und neokoloniale Ausbeutung unterstützen! Greifen wir die beteiligten deutschen Konzerne an und fordern wir sie auf, sich aus dem Tren Maya und dem interozeanischen Korridor zurückzuziehen! Zeigen wir außerdem dem mexikanischen Staat, dass wir an der Seite der Karawane stehen, dass wir nicht zulassen werden, dass sie durch Repression um ihr Recht gebracht werden, zu protestieren und ihr Land zu verteidigen!
In den sozialen Medien könnt ihr unter @TrenMayaStoppen auf dem Laufenden bleiben und die Öffentlichkeitsarbeit für die Karawane unterstützen! Auf der Fake-Deutsche-Bahn-Website deinebahn.com findet ihr ausführliche Informationen zu den Megaprojekten, ihren Umweltauswirkungen, den beteiligten Konzernen und den indigenen Widerständen. Tun wir unseren Teil, dem deutschen Kapital seine Raubzüge zu vermiesen!
Nein zum Tren Maya, nein zum interozeanischen Korridor! Für die Selbstbestimmung der indigenen Gemeinschaften!
#ElSurResiste #NoAlTrenMaya #ElIstmoEsNuestro
*Update: Mittlerweile sind die Compas freigelassen worden! https://www.congresonacionalindigena.org/2023/04/30/comunicado-de-prensa-ucizoni-liberacion-de-las-companeras-y-companeros-detenidos-en-el-operativo-de-mogone-viejo/